Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2005; 40(10): 597-601
DOI: 10.1055/s-2005-870466
Mini-Symposium
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Wie hoch ist das adäquate PEEP-Niveau beim ARDS?

At Which Level is the PEEP Adequate in ARDS?S.  Wolf1 , C.  Höhne1 , T.  Busch1 , H.  Lohbrunner1 , S.  Weber-Carstens1 , U.  Kaisers1
  • 1 Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin, Charité, Campus Virchow-Klinikum, Universitätsmedizin Berlin
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Publication Date:
27 October 2005 (online)

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PEEP zur Behandlung des ARDS

Das schwere, akute Lungenversagen (ARDS) ist eine akute inflammatorische Erkrankung, die durch eine ausgeprägte Störung des pulmonalen Gasaustausches mit einem Abfall der paO2/FIO2-Werte auf weniger als 200 mm Hg gekennzeichnet ist [1]. Die Vasokonstriktion/-okklusion in minder- bzw. nicht belüfteten Lungenarealen führt zu einer pulmonalarteriellen Hypertension. Aufgrund der Inflammation kommt es zur Bildung eines Permeabilitätsödems. Die Mechanismen, die als ursächlich für den Alveolarkollaps beim ARDS angesehen werden, sind zum einen die Gravitationskräfte in ödematösen Lungenabschnitten [2], das Gewicht des Herzens [3] [4], ein erhöhter intraabdomineller Druck [5] sowie ein Mangel und eine Dysfunktion des endogenen Surfactants [6]. Hieraus ist geschlussfolgert worden, dass ein PEEP-Niveau in der Größenordnung dieser kompressiven Kräfte notwendig ist, um die Lunge offen zu halten und den wiederholten Kollaps einzelner Alveolarbezirke zu vermeiden.

Die Anwendung von PEEP ist seit Jahrzehnten ein integraler Bestandteil in der Beatmungstherapie des ARDS. Schon bei der Erstbeschreibung des Syndroms durch Ashbaugh et al. [7] wurde die Applikation von PEEP als hilfreich zur Behandlung der Atelektasen sowie der Hypoxie beschrieben. Neben anderen [8] [9] [10] konnten Falke et al. und Kumar et al. bereits in den 70er-Jahren [11] [12] zeigen, dass es während der Beatmung mit PEEP zu einer deutlichen Verbesserung der Oxygenierung mit Reduktion des intrapulmonalen Rechts-Links-Shunts ohne nennenswerte hämodynamische Beeinträchtigung kam. Diese Autoren fanden weiterhin keine erhöhte Inzidenz eines Barotraumas während der Beatmung mit PEEP. In der jüngeren Vergangenheit wurde von Lachmann [13] vorgeschlagen, die Applikation von hohem PEEP beim akuten Lungenversagen mit intermittierenden Rekruitmentmanövern zu kombinieren. Zu der aktuellen Diskussion dieses Verfahrens verweisen wir auf die Übersicht von Oczenski et al. [14].

Die maschinelle Beatmung mit PEEP hat Auswirkungen auf den kardiopulmonalen Blutfluss. Gegenüber einer Spontanatmung verhindert das erhöhte intrathorakale Druckniveau am Ende des Atemzyklus einen Abfall des transmuralen Drucks. Dies ist mit einer verringerten Füllung des rechten Ventrikels verbunden, die zu einer Reduktion von Herzzeitvolumen (HZV) und systemischem arteriellem Blutdruck führen kann [15]. Das Ausmaß der Reduktion des HZV nimmt mit der Höhe des PEEP-Niveaus zu [16]. Daraus resultiert auch ein verringerter pulmonaler Blutfluss, der möglicherweise nicht-ventilierte Lungenareale stärker betrifft und damit einen zusätzlichen Mechanismus der Shuntreduktion durch PEEP darstellt [17]. Klinisch ist der Abfall des HZV durch Volumengabe oder die Applikation positiv-inotroper Substanzen kompensierbar.

Ein entscheidender Vorteil der maschinellen Beatmung mit PEEP ist, dass die positiven Effekte auf den Gasaustausch additiv zu denen anderer adjuvanter Therapieformen des ARDS sind. Dies ist sowohl für die klinisch etablierten als auch für bisher nur experimentell untersuchte Verfahren gezeigt worden; beispielhaft seien hier genannt: a) die selektive pulmonale Vasodilatation durch Inhalation von NO [18], b) die Gabe von exogenem Surfactant [19], und c) die partielle Flüssigkeitsbeatmung mit Perfluorocarbonen [20].

Literatur

Prof. Dr. Udo Kaisers

Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin

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